Carlo und die Wände
Carlo hat eine unförmige Nase, unter der ein kleiner Schnurrbart fusselig und nass bis über die Unterlippe hängt. Seine Brauen sehen aus wie haarige Raupen, die irgendwie wild sind und so gar nicht zu seinen kleinen, stillen und braunen Augen passen.
Er liebt das Ficken.
Er ist Elektroniker, weiß mit seiner Energie nirgends hin und masturbiert bisweilen verzweifelt in Rohbauten umher. Manchmal spritzt er an die Wände jedes Zimmers. Wohlweislich, dass hier bald Tapeten geklebt werden und seine DNA für immer hier sein wird.
„Wen kann ich ficken?“ fragt er herausfordernd in den Swingerclubs der Umgebung, entblößt seinen Schwanz und lässt ihn voller Stolz groß werden. Die anderen Besucher schweigen eingeschüchtert und beachten ihn nicht weiter. Er ist ihnen unheimlich.
Das sind seine Erfahrungen, aber weil sie ohne Frau vor sich gehen, stimmen ihn diese traurig.
Carlo tritt mit bloßem Morgenpenis und behaarter Brust in die Küche. Es ist Montag, er muss gleich zur Arbeit und seine Notgeilheit ist extrem.
„Jutta, gib mir Deinen Mund!“
Jutta ist seine Frau, eine langweilige Person, die Sex als notwendiges Übel bezeichnet und alles „Ihhh“ findet, was bei anderen „Ahhhh“ macht.
„Ach, Carlo, Du hast letzte Woche meinen Mund gekriegt“, klagt sie.
„Mund auf“ klingt es drohend.
„Aber Carlo, ich habe keine Lust und Du musst doch auch los!“
„Mund her!“
„Können wir das nicht morgen machen?“
„Los jetzt“
Carlo hat eine Bluse aus von dem Stapel Wäsche genommen, die auf dem Bügelbrett liegt und hält sie provozierend vor sich her: „Eins…zwei..drei!“ Und gleichgültig und langsam reißt er das Stoffteil in der Mitte entzwei. Ein fürchterliches Geräusch. Die Frau weint, während sie sich einen Zopf zusammenbindet.
Er will schon das nächste Hemd greifen, da geht sie hastig auf ihre Knie, öffnet den Mund und nimmt seinen Schwanz auf ihre Zunge.
Er hätte sich ihren Mund auch einfach, ohne zu fragen, nehmen können, aber er wollte einfach siegen. Reibereien steigern seine Lust.
Spät in der Nacht, als der Mond am höchsten steht, kommt Carlo nach Hause. Er singt weinbeseelt ein Ficklied durch die schlafenden Straßen:
„Und die, die es von hinten mag, die trifft man nicht an jedem Tag.“
Er kommt an seine Tür. Durch die Scheiben sieht er seine Frau auf dem Sofa liegen. Sie wird gleich ins Bett wechseln und natürlich ist kein Sex mehr drin. Irgendwie macht ihn das gerade wütend. Vergessen ist die Mundverwöhnung der Frau. Einen Schlüssel hat er vergessen und so geht er ein paar Schritte rückwärts, nimmt einen Anlauf und tritt die Tür ein.
Sein Leben verläuft einfach, ohne viel Umstände.
Sie haben gerade Kaffee getrunken. Die Tassen sind leer und braune Kaffeeränder warten nun auf den Abwasch. Jutta hat Regelschmerzen und so wäscht Carlo sie ab. Insgeheim erhofft er sich dafür eine offene Rosette und fährt mit dieser Hoffnung zur Arbeit. Am Abend ist seine Frau längst im Bett und unpässlich.
Es ist Sonntag und Carlo hat seinen besten Schlüpfer an. Es ist eine Shorts mit roten Sternen darauf. Jutta meinte einmal, dass sie ihn gerne an ihm sehen mag, aber vielleicht findet sie es auch nur gut, dass er mal angezogen ist. Draußen schneit es, und die Heizung rattert und gluckert wie verrückt. Er müsste mal wieder Luft herauslassen, aber der Schlüssel ist dafür nicht zu finden. Also versucht er es mit einem Schraubenzieher, rutscht ab und zerreißt sich dabei seine Shorts. Jutta lacht laut aus dem Effekt heraus, aber besinnt sich schnell wieder. Diesen Tag verbringt Carlo bei einer Prostituierten.
Wenn Carlo liest, sind es nur Bücher, in denen viel gefickt wird. „Der Ficklöwe aus Schwerin“, „Die drei Muschitiere“, „Fickteufel mit drei Hörnern“ und so weiter und so fort. Aber vor allem liebt er die Texte aus der Fickpension. Es sind herbe Ficktexte, die man schnell mal in einer Pause weglesen kann. Viele Rohbauwände sind schon auf diese Weise verschönert worden. Die Fickpension ist eine Webseite im Internet. Ein Heim für seine Geilheit. Ein Gegenpol zu Jutta irgendwie.
Winter und Sommer steht er nach dem Mittagessen mit einer Zigarette vor seiner Arbeitsstätte und zeigt sich den vorbeilaufenden Frauen. Herausfordernd hat er seine Hemdärmel aufgerollt und seinen Penis auf groß gebracht. So, dass er durch den Jeansstoff gut abgebildet ist.
Er wartet nur darauf, dass ihn eine mal geil anschaut um sie dann gleich zu nehmen. Am besten mehrere Male.
Aber niemand schaut ihn geil an. Und das ist sein Ärger, dass er nicht ficken kann und immer nur Wände bespritzt.
Er möchte einmal drei verschiedene Frauen direkt auf dem Marktplatz nehmen. So, dass jeder Bürger der Stadt sieht, was für ein Ficker er ist, aber es gibt nur seine Jutta und die würde ihm einen Vogel zeigen.
In jedem Augenblick des Tages erweist sich seine Gier als hinderlicher Zwang. Ach könnte er sich nur ausleben, alle 4 Stunden einmal Sex haben und Titten, Fotz und Arsch bespielen. Er wäre ein glücklicher Mann und könnte vielleicht selbst Pornos irgendwo veröffentlichen und sich damit rühmen.
Jetzt ist er aber ein trauriger Elektriker, der Leitungen verlegt und nicht seinen Penis. Der zuhause eine Frau hat, weil man eben eine haben muss und keinerlei Spaß in Sicht.
Wenn er vor dem Spiegel steht und seinen Schwanz anschwellen lässt, dann weiß er, dass er noch gut im Saft steht. Aber bleibt das, wenn alles ungenutzt brach liegt?
Die Mittagspause ist vorbei. Die Wand wartet.
(Ich dachte ich schreibe Euch mal wieder einen Text zum Advent ;))